Neu­es Wahlrecht

Man stel­le sich vor: Die CSU bekommt in Bay­ern 40 Pro­zent der Stim­men. Sie gewinnt 40 Direkt­man­da­te. Aber bun­des­weit liegt ihr Anteil knapp unter 5 Pro­zent. Geht es nach Olaf Scholz, dür­fen die CSU-Kol­le­gen künf­tig nicht in den Bun­des­tag ein­zie­hen. Ein Scherz des Bun­des­kanz­lers und sei­ner Regie­rung? Lei­der nein: Es ist der Wahl­rechts­be­schluss von SPD, Grü­nen und FDP. Ist das noch Demo­kra­tie? Aus Sicht der CDU nicht! Auch Exper­ten sind ande­rer Ansicht. Was mei­nen Sie?

„Ich glau­be nicht, dass allen Abge­ord­ne­ten der Ampel ganz klar ist, was da gera­de pas­siert. Hier soll ein Modell durch­ge­drückt wer­den, das von der AfD vor fünf Jah­ren vor­ge­schla­gen und nun allen­falls leicht modi­fi­ziert wur­de.“ CDU-Vor­sit­zen­der Fried­rich Merz

Weni­ger Abge­ord­ne­te bleibt gemein­sa­mes Ziel

„Die Ver­klei­ne­rung des Bun­des­tags bleibt unser gemein­sa­mes Ziel“, bekräf­tigt CDU-Gene­ral­se­kre­tär Mario Cza­ja. Geht es nach der CDU, könn­te die bis­he­ri­ge Ver­rin­ge­rung auf 280 Wahl­krei­se sogar noch wei­ter geführt wer­den, z. B. auf 270. Dann wären künf­tig auch mit Über­hang- und Aus­gleichs­man­da­ten kaum mehr als 600 Abge­ord­ne­te im Bun­des­tag. Der Beschluss von Olaf Scholz und sei­ner Koali­ti­on geht von vor­ne­her­ein von 630 aus. 

„Wer einen Wahl­kreis gewon­nen hat, muss die Inter­es­sen der Bür­ge­rin­nen und Bür­ger im Wahl­kreis ver­tre­ten.“ CDU-Gene­ral­se­kre­tär Mario Czaja

Noch nach der Sit­zung des CDU-Vor­stan­des hat­te Cza­ja dazu Gesprä­che ange­bo­ten: „Wir sind zu Gesprä­chen bereit.“ Üblich ist, Ände­run­gen im Wahl­recht mit der Oppo­si­ti­on abzu­stim­men, sagt Cza­ja. „Eine Rege­lung gegen die stärks­te Oppo­si­ti­on ist unüb­lich.“ Die Uni­on wird einer Ent­wer­tung der Erst­stim­me als Bür­ger­stim­me nicht zustim­men. Cza­ja kün­digt daher auch an: „Über ein Nor­men­kon­troll­ver­fah­ren muss nach dem Beschluss des Bun­des­ta­ges gespro­chen werden.“

Denn die Ampel backt sich ihr eige­nes Wahl­recht. Sie ent­wer­tet unse­re Erst­stim­me. Belieb­te und akti­ve Poli­ti­ker vor Ort sol­len künf­tig aus­ge­schlos­sen blei­ben, wenn ihre Par­tei bun­des­weit zu klein oder zu unbe­deu­tend ist. Regio­nal­par­tei­en sol­len kei­ne Chan­ce mehr auf Direkt­ver­tre­ter im Bun­des­tag haben – mit Aus­nah­me aner­kann­ter Min­der­hei­ten. „Das ist ein ver­fas­sungs­wid­ri­ger Fron­tal­an­griff auf die Uni­on als Gan­zes“, sagt Czaja.

Direkt­wahl muss auch künf­tig gelten

Der CDU-Gene­ral­se­kre­tär betont: „Den Wäh­le­rin­nen und Wäh­lern ist doch nicht zu ver­mit­teln, war­um nicht ihre Direkt­stim­me, son­dern ein kom­pli­zier­tes sta­tis­ti­sches Kon­strukt dar­über ent­schei­den soll, wer ihre Hei­mat im Deut­schen Bun­des­tag vertritt.“

„Die Abschaf­fung der Grund­man­dats­klau­sel ist nicht zu erklä­ren“, so Cza­ja. „Es könn­te dazu kom­men, dass eine Par­tei zahl­rei­che Wahl­krei­se gewinnt, aber die direkt gewähl­ten Wahl­sie­ger nicht in den Bun­des­tag ein­zie­hen, weil ihre Par­tei auf ganz Deutsch­land gerech­net die Fünf-Pro­zent-Hür­de unter­schrei­tet. Die Koali­ti­on gießt damit Öl in das ohne­hin schon glim­men­de Feu­er der Poli­tik­ver­dros­sen­heit im Lande.“ 

Sach­ver­stän­di­ge äußern erheb­li­che Bedenken

Bis­her galt: Gewählt ist gewählt. Das will Olaf Scholz ändern. Exper­ten aus Regie­rung, Oppo­si­ti­on und unab­hän­gi­ge Juris­ten war­nen davor, gewähl­te Direkt­kan­di­da­ten aus dem Bun­des­tag aus­zu­schlie­ßen. Die Grund­man­dats­klau­sel ganz abzu­schaf­fen, ist juris­tisch frag­wür­dig. Der Focus berich­tet dazu: „Schon in einem Gut­ach­ten für die Anhö­rung hat­ten die von den Ampel-Frak­tio­nen ein­ge­la­de­nen Exper­ten Jele­na von Achen­bach, Flo­ri­an Mei­nel und Chris­toph Möl­lers vor der Abschaf­fung der Klau­sel gewarnt.“

Schutz von SPD-Wahlkreisen?

War­um will Scholz mit sei­ner Regie­rung die beschlos­se­ne Ver­rin­ge­rung der Wahl­krei­se zurück­neh­men? Man hat­te sich auf 280 Wahl­krei­se statt der bis­he­ri­gen 299 geei­nigt. Doch betrof­fen wäre wohl u.a. der SPD-Vor­sit­zen­de Lars Kling­beil und Par­la­ments­prä­si­den­tin Bär­bel Bas. Ihre Wahl­krei­se wären mög­li­cher­wei­se ent­fal­len. Oder geht es Rot-Grün-Gelb nur um Macht­er­halt auf Kos­ten der Demokratie? 

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