Rede zum städ­ti­schen Haus­halt – Cars­ten Becker

Veröffentlicht am 23. März 2023

Sehr geehr­ter Herr Ober­bür­ger­meis­ter, sehr geehr­te Damen und Herren,

ich den­ke es ist nicht ver­mes­sen zu behaup­ten, dass wir alle unzu­frie­den mit dem Haus­halt sind, den wir hier heu­te ver­ab­schie­den sol­len.
Über­all scheint in unse­rer Stadt der Man­gel vor­zu­herr­schen: zu wenig Per­so­nal, zu wenig Geld und schon gar nicht genug Zeit, alle Pro­ble­me anzu­ge­hen. Auch unse­re Frak­ti­on ist unzu­frie­den mit der Lage, wie sie ist. Jedoch: lei­der müs­sen wir auch fest­stel­len, dass sich die Rea­li­tät die­ses all­ge­gen­wär­ti­gen Man­gels nicht durch einen Rats­be­schluss ver­än­dern lässt.

Auch nur dar­auf zu ver­wei­sen, dass Land und Bund mehr für die finan­zi­el­le Aus­stat­tung von Kom­mu­nen wie unse­rer Klin­gen­stadt tun müss­ten, hel­fen uns kei­nen Deut wei­ter. Denn eines muss uns klar sein: Mehr Geld allein ist nicht die Lösung des Pro­blems. Unab­hän­gig davon, was in Düs­sel­dorf, Ber­lin und Brüs­sel pas­siert, müs­sen wir in Solin­gen unse­re Haus­auf­ga­ben erledigen.

Ange­sichts der aktu­el­len Umstän­de ist der vor­lie­gen­de Haus­halts­ent­wurf wohl immer noch der bes­te Kom­pro­miss, den wir der­zeit erzie­len kön­nen. Des­halb unter­stützt auch unse­re Frak­ti­on die­sen Ent­wurf. Den­noch möch­ten wir der Ver­wal­tung drei wesent­li­che Punk­te ins Haus­auf­ga­ben­heft schreiben.

Ers­te Haus­auf­ga­be: Tut etwas gegen die täg­li­chen Pro­ble­me der Men­schen in unse­rer Stadt!

Leser­brie­fe sind mitt­ler­wei­le aus der Mode gekom­men und wur­den von der Kom­men­tar­funk­ti­on bei Face­book weit abge­hängt. Wir sehen hier immer wie­der den Spie­gel der Sor­gen der Men­schen in unse­rer Stadt. Und oft­mals sind es die klei­nen Din­ge, die für die Men­schen gro­ße Bedeu­tung haben können.

Uns ist allen klar, dass wir nicht von heu­te auf Mor­gen Kita- oder Pfle­ge­plät­ze her­bei­zau­bern kön­nen. Die Men­schen in unse­rer Stadt wen­den sich dafür an uns, wenn sie jeden Tag auf dem Heim­weg an der­sel­ben Stel­le im Stau ste­hen … oder auf dem Weg zum Sport der Kin­der zusätz­li­chen Zeit­puf­fer ein­pla­nen müs­sen … oder wenn sie kei­ne Park­plät­ze mehr in ihrer unmit­tel­ba­ren Umge­bung fin­den … oder wenn die Schlag­loch­pis­ten auf den Stra­ßen den All­tag durchschütteln.

Unse­re Frak­tio­nen mah­nen immer wie­der Kon­zep­te an, um den täg­li­chen Her­aus­for­de­run­gen zu begeg­nen. Ver­kehrs­kon­zep­te für die Innen­stadt und Ohligs, Rad­ver­kehrs­kon­zep­te, Park­raum­kon­zep­te und so weiter.

Wir möch­ten der Ver­wal­tung mit die­sem Haus­halt die Gele­gen­heit geben, die ange­kün­dig­ten Kon­zep­te end­lich auch zu lie­fern. Der Haus­halts­ent­wurf sieht für Pla­nungs­kos­ten, Stu­di­en und Gut­ach­ten im Ver­kehrs­be­reich Aus­ga­ben von über 800.000 Euro vor. Wir freu­en uns auch über die Unter­stüt­zung der ande­ren Frak­tio­nen für unse­ren Vor­schlag, zusätz­lich 200.000 Euro aus dem Mar­ke­ting­bud­get des Ober­bür­ger­meis­ters für die Fer­tig­stel­lung von Ver­kehrs­kon­zep­ten zur Ver­fü­gung zu stellen

Wir erwar­ten jedoch auch ganz klar, dass nicht nur die Kon­zep­te gelie­fert wer­den, son­dern dass sie dann auch umge­setzt wer­den. Und zwar mit Prio­ri­tät. Getreu Erich Käst­ners altem Mot­to: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“. Und unse­re Frak­ti­on wird dafür sor­gen, dass sich etwas tut!

Zwei­te Haus­auf­ga­be: Ent­wi­ckelt die Stadt als Kon­zern weiter!

Herr Kurz­bach hat­te ange­kün­digt, mit fort­schrei­ten­der Digi­ta­li­sie­rung der Ver­wal­tung Arbeits­plät­ze abzu­bau­en. Seit 2015 haben wir jedoch einen Zuwachs von 300 Voll­zeit­stel­len­äqui­va­len­ten allein in der Kern­ver­wal­tung. Sicher­lich ist jede Stel­le für sich genom­men zu recht­fer­ti­gen. Und wir alle wis­sen, dass es immer noch zahl­rei­che Berei­che gibt, die abso­lut unter­be­setzt sind. Die Ant­wort kann aber auch hier nicht dar­in lie­gen, noch mehr Per­so­nal ein­zu­stel­len. Statt­des­sen erwar­ten wir von der Ver­wal­tungs­lei­tung einen kla­ren Plan, in wel­chen Struk­tu­ren die enga­gier­ten Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter unse­rer Stadt arbei­ten sollen.

Digi­ta­li­sie­rung kann dabei nur unter­stüt­zend wir­ken. Als attrak­ti­ve Arbeit­ge­be­rin muss die Stadt mehr als das bie­ten. Neh­men wir die alte Debat­te um die Ver­wal­tungs­stand­or­te: Vor vier Jah­ren wur­de der Zustand des Ver­wal­tungs­ge­bäu­des an der Bon­ner Stra­ße noch als kata­stro­phal dar­ge­stellt, heu­te soll es ein Para­dies für jun­ge und inno­va­ti­ve Arbeits­kräf­te sein. Das ist nicht nach­voll­zieh­bar und lässt daher auch an den Aus­sa­gen der Ver­wal­tung zwei­feln, es ist nicht glaub­haft. Auch die Anmie­tung eines hip­pen Co-Working-Spaces in Ohligs – viel Steu­er­geld für weni­ge Mit­ar­bei­ten­de – kann dar­über nicht hinwegtäuschen.

Für unse­re Frak­ti­on liegt im Kon­zern­ge­dan­ken der Stadt mit den vie­len städ­ti­schen Gesell­schaf­ten eine Gele­gen­heit, durch eine ganz­heit­li­che Aus­rich­tung ein attrak­ti­ves Arbeits­um­feld für die Mit­ar­bei­ten­den und auch damit Syn­er­gien für den städ­ti­schen Haus­halt zu schaf­fen. Wir machen die Stadt für Arbeits­kräf­te nicht allein dadurch attrak­ti­ver, indem wir einen Tisch­ki­cker und Obst­kör­be in den Flur stel­len. Wir brau­chen effek­ti­ve Arbeits­ab­läu­fe, in denen sich die enga­gier­ten Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter ent­fal­ten können.

Das heißt:

  1. Wir bau­en Dop­pel­struk­tu­ren im Kon­zern ab; dort – wo es recht­lich mög­lich ist – sol­len zen­tra­le Ver­wal­tungs­ein­hei­ten alle Kon­zern­tei­le mit­be­lie­fern; bei­spiels­wei­se im Marketing.
  2. Wir bie­ten ein gemein­sa­mes Raum­kon­zept an; Bespre­chungs­räu­me aber auch freie Arbeits­plät­ze soll­ten im gesam­ten Kon­zern zugäng­lich gemacht – und vor allem bei künf­ti­gen Bau­pro­jek­ten mit­ge­dacht – werden.
  3. Wir machen kla­re Ziel­vor­ga­ben und Rah­men­be­din­gun­gen für Home­Of­fice – das schafft Ver­bind­lich­keit nicht nur für die Pla­nung der Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter selbst, son­dern auch für die­je­ni­gen, die ein Anlie­gen an die Ver­wal­tung haben.

Mit der Wei­ter­ent­wick­lung der städ­ti­schen Ver­wal­tungs­struk­tur stär­ken wir nicht nur die Anzie­hungs­kraft für Fach­kräf­te, son­dern betrei­ben Ver­wal­tung auch wie­der als das, was sie eigent­lich ist: Ein Dienst­leis­ter für die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger die­ser Stadt. Und … damit sich in Zukunft kein IHK-Prä­si­dent mehr über die Bear­bei­tungs­dau­er von Bau­an­trä­gen beschwe­ren muss. Wie das Per­so­nal ein­ge­setzt wird, dafür ist in letz­ter Kon­se­quenz unser Haupt­ver­wal­tungs­be­am­ter verantwortlich.

Apro­pos IHK:

Drit­te Haus­auf­ga­be: Küm­mert euch um die Arbeitsplätze!

Noch so eine poli­ti­sche Selbst­ver­ständ­lich­keit, die gleich­zei­tig jede Men­ge Kon­tro­ver­sen her­vor­ruft. Wir mei­nen damit kei­nes­wegs, dass das hie­si­ge Unter­neh­mer­tum zusätz­lich pro­te­giert wer­den sol­le – denn da kön­nen wir zwei­fels­frei sagen und es ist schon in der Pres­se auf­ge­fal­len, dass unser Ober­bür­ger­meis­ter sich stets sehr hin­ge­bungs­voll um ein­zel­ne Unter­neh­men kümmert.

Solin­gen ist aber eine Stadt des ste­ten Struk­tur­wan­dels. Die­sen gilt es aktiv zu gestal­ten. Ein sta­bi­les wirt­schaft­li­ches Fun­da­ment basiert auf einem gesun­den Bran­chen­mix. Dazu gilt es Abhän­gig­kei­ten von ein­zel­nen Bran­chen, wie der Auto­mo­bil­in­dus­trie oder IT, zu redu­zie­ren und viel­fäl­ti­ge Unter­neh­mens­ar­ten anzu­zie­hen. Auch hier kommt es auf die Rah­men­be­din­gun­gen und poli­ti­sche Füh­rung an. Dazu müs­sen wir die Wirt­schafts­för­de­rung und die Stadt­ent­wick­lungs­ge­sell­schaft in den Fokus nehmen.

Auch hier gilt die Devi­se: Dop­pel­struk­tu­ren abbau­en! Wir wol­len die Wirt­schafts­för­de­rung zu einer umfas­sen­den Dienst­leis­te­rin ent­wi­ckeln, die für Unter­neh­men als Lot­sin in der Stadt agiert. Dazu gehö­ren bei­spiels­wei­se Bera­tun­gen zu Stand­ort- oder För­der­fra­gen genau­so wie Unter­stüt­zung bei der Kom­mu­ni­ka­ti­on mit der Stadt­ver­wal­tung. Das gilt übri­gens im glei­chen Maße für Neu­grün­dun­gen genau­so wie für Bestands­un­ter­neh­men. Auch hier hel­fen kla­re Ziel­vor­ga­ben, auf Erfol­ge hin­zu­ar­bei­ten und den gewünsch­ten nach­hal­ti­gen Bran­chen­mix für unse­re Stadt zu erreichen.

Am Ende schaf­fen Klar­heit und Ver­läss­lich­keit Ver­trau­en bei Inves­to­ren jeg­li­cher Art genau­so wie bei den Bür­ge­rin­nen und Bür­gern unse­rer Stadt. Dazu gehö­ren auch Steu­er­sta­bi­li­tät und die Gewiss­heit, dass die gezahl­ten Steu­ern auch einen qua­li­ta­ti­ven Gegen­wert haben. Also sor­gen wir wie­der dafür, dass der Gegen­wert nicht die Man­gel­ver­wal­tung ist.

Herr Ober­bür­ger­meis­ter,

die­se Haus­auf­ga­ben haben es zwei­fels­frei in sich. Aber ich habe auch drei gute Nach­rich­ten für Sie:

  1. sind Sie bei der Bewäl­ti­gung nicht allei­ne! Unse­re Frak­ti­on wird wei­ter­hin Impul­se für Sie lie­fern und auch ger­ne Kor­rek­tu­ren an Ihrer Arbeit vornehmen.
  2. sind die drei Auf­ga­ben ohne­hin mit­ein­an­der ver­knüpft! Wir sind uns sicher, dass wenn Sie hier und da ein paar reprä­sen­ta­ti­ve Ter­mi­ne an die Bür­ger­meis­ter abge­ben, wer­den Sie ruck­zuck schon ganz vie­le Lösun­gen prä­sen­tie­ren können.

Und last but not least, Sie haben schon in einem hal­ben Jahr die Mög­lich­keit, mit der Ein­brin­gung des Haus­halts 2024 uns eines Bes­se­ren zu beleh­ren! Zei­gen Sie uns Ihre Plä­ne und wie Sie Solin­gen wie­der vor­an brin­gen wol­len. So ganz ohne dabei in Solin­gen-Depres­si­on zu ver­fal­len – wie es Ihre sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Genos­sen so ger­ne nennen.

Eines steht aber auch für unse­re Frak­ti­on fest: wer­den die Haus­auf­ga­ben nicht erle­digt, ist die Ver­set­zung akut gefährdet!

Vie­len Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Hier gibt es die Medi­en­mit­tei­lung im Ori­gi­nal: Haus­halts­re­de vom 23. März 2023

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Carsten Becker

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