Was muss unsere Wirtschaftsordnung in zehn oder zwanzig Jahren leisten? Wie schaffen wir Klimaschutz UND Wirtschaftswachstum? Wie halten wir moderne Unternehmen, ihre Ideen und Produkte, vor allem aber auch ihre Arbeitsplätze in Deutschland. Die Soziale Marktwirtschaft hat seit fast 75 Jahren den richtigen Rahmen geliefert – als Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. Jetzt muss sie für neue Aufgaben fit gemacht werden. Über dieses und andere Themen, Programmpunkte und mehr diskutiert die CDU im Mitmachjahr 2023 – zunächst in Pforzheim, dann in Münster, Schkeuditz und Linstow. Mehr als 1.000 CDU-Mitglieder sind in der Messe Münster zu Gast, um mit CDU-Chef Friedrich Merz, Ministerpräsident Hendrik Wüst, Carsten Linnemann und Serap Güler, Mario Czaja und Christina Stumpp über den Weg zum neuen Grundsatzprogramm ins Gespräch zu kommen.
Gedenken der Opfer von Hamburg
CDU-Generalsekretär Mario Czaja erinnert zu Beginn der Veranstaltung an die Opfer des Amoklaufs in Hamburg. Es zeigt, wie sehr Politik immer eingebettet ist in das Leben. „Unsere Gedanken sind bei den Opfern und den Angehörigen.“ Die 1000 Anwesenden gedenken ihnen mit einer Schweigeminute.
Mario Czaja: „Die CDU will Verantwortung übernehmen.“
„Was für ein fantastisches Bild“ sei es, in Münster die 1000 CDU-Mitglieder zu begrüßen, zu sehen, mit ihnen zu diskutieren, führt der CDU-Generalsekretär anschließend aus. „Wir sind froh, wieder da zu sein. Denn wir haben Lust auf christdemokratische Politik, auf eine intensive Debatte, auf neue Ideen.“
CDU-Generalsekretär Mario Czaja findet Worte des Gedenkens und leitet dann zur zweiten Regionalkonferenz in Münster über. (Foto: Tobias Koch)
„Da, wo die CDU die Verantwortung übernimmt, da geht es den Menschen besser“, rechnet er vor. „Und dafür machen wir Politik.“ In den Ländern ist die CDU „eine konstruktive Gestaltungskraft“. Die CDU hat sich dafür seit 2021 neu aufgestellt.
„Wir wollen es für das Land besser machen. Wir wollen sagen, wofür wir stehen. Wir wollen unterscheidbar sein.“ Und dafür wurde der Programmprozess gestartet, sagt er. Czaja kritisiert dagegen den inneren Umgang der Scholz Regierung: „Ein Fight-Club, Rudelbildung im Regierungsviertel.“ Die Scholz-Regierung ist, so Czaja, „die schlechteste Bundesregierung, die Deutschland je gesehen hat.“
Hendrik Wüst: Die CDU muss sich modernisieren.
NRW hat es vorgemacht, wie man mit Geschlossenheit überzeugt. „Damit wir noch stärker werden, ist es wichtig, die Kompassnadel immer wieder mal neu auszurichten“, sagt Ministerpräsident Hendrik Wüst. „Die CDU ist weiterhin die größte politische Kraft in unserem Land.“ Weil die CDU die Volkspartei der Mitte geblieben ist. „Daraus leitet sich unser Anspruch ab, Politik zu machen für alle Menschen in unserem Land.“
„Damit wir noch stärker werden, ist es wichtig, die Kompassnadel immer wieder mal neu auszurichten.“ Hendrik Wüst
„Die Werte bleiben. Die Antworten mögen sich verändern.“ Die CDU muss Anwalt auch der Schwächeren sein, so Wüst. Er nennt das Beispiel unterschiedlicher Familienrealitäten. Die CDU muss Alleinerziehende genauso unterstützen, stärken und fördern, wie die intakten Familien mit zwei Eltern.
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst fordert seine CDU zu einer ständigen Erneuerung auf. (Foto: Tobias Koch)
Wüst nennt das Beispiel der Migration: „Fast jeder Zweite in NRW hat eine Zuwanderungsgeschichte“, rechnet er vor. „Und wir brauchen auch heute eine aufgeklärte Migrationspolitik.“ NRW zahlt ein Begrüßungsgeld für Fachkräfte aus dem Ausland. Dagegen müssen Asylbewerber ohne Anspruch wieder gehen. Beides gehört zusammen.
Wüst nennt die Flüchtlinge vor Putins Angriffskrieg: Viele Menschen sind aus der Ukraine nach NRW gekommen, sagt er. „Wer vor Putins Krieg flieht, ist in unserem Land herzlich willkommen.“ Wir müssen uns aber darauf einstellen, dass viele dauerhaft in unserem Land bleiben. Daraus ergeben sich zunehmende Probleme. Fehlendes Verständnis in Schulen gehört dazu. „Und deshalb müssen wir uns um diese Kinder besser kümmern. Wir sollten froh sein über jedes Kind, das hier ist. Das sind alles unsere Kinder. Das ist die Zukunft unseres Landes.“
Die CDU muss die Vertreterin der gesamten Gesellschaft sein, fordert Wüst. Ob Unternehmer oder Angestellte, ob Einheimische oder Zuwanderer, ob in der Stadt oder auf dem Land. Sie muss Antworten für alle finden. Dann wird sie auch künftig die große Volkspartei der Mitte in Deutschland sein.
Friedrich Merz: Die Soziale Marktwirtschaft modernisieren.
Die Soziale Marktwirtschaft braucht neue Überzeugungskraft, neue Tatkraft. In Münster setzt Friedrich Merz einen Schwerpunkt auf das Erbe Ludwig Erhards. Denn es gibt eine große Skepsis weiter Teile der Gesellschaft, ob die Soziale Marktwirtschaft die großen Aufgaben noch lösen kann, führt Merz aus. Es ist die Frage, ob die großen Aufgaben der Zukunft auf Basis des Bestehenden noch erfolgreich bewältigt werden können.
CDU-Chef Friedrich Merz auf der zweiten Regionalkonferenz in Münster. (Foto: Tobias Koch)
Wie erreichen wir die gesteckten Ziele?
Die Wirtschaft muss klimaneutral werden, bekräftigt Merz. Das ist für den CDU-Chef nicht verhandelbar. Es muss aber die Frage beantwortet werden: „Wie erreichen wir dieses Ziel?“ Denn die Wirtschaftspolitik im 21. Jahrhundert ist nicht mehr die Wirtschaftspolitik, wie wir sie im 20. Jahrhundert verstanden haben, sagt Merz. Für CDU ist klar: Wirtschaftskraft, Klimaschutz und Energiesicherheit sind eine Einheit. Eine starke Wirtschaft geht nicht ohne nachhaltigen Klimaschutz. Und Klimaschutz geht nur aus einer Position wirtschaftlicher Stärke heraus.
„Wir haben bewiesen, dass Marktwirtschaft und Klimapolitik vereinbar sind. Ja, Ökonomie und Ökologie zusammen – das geht!“ Friedrich Merz
Die Umorientierung reicht weit darüber hinaus, so Merz. Auch in der vorsorgenden Sozialpolitik braucht Deutschland neue Antworten. „Die geburtenstarken Jahrgänge gehen in den Ruhestand. Die geburtenschwachen Jahrgänge rücken nach.“ Wie man das löst? Auch Friedrich Merz sucht noch die richtigen Antworten. Ohne Kapitalbeteiligung der Arbeitnehmer aber, so Merz, wird es künftig nicht gehen. Oswald von Nell-Breuning hatte es schon vor Jahrzehnten angesprochen: Arbeitnehmer müssen am Produktivkapital beteiligt werden. „Dieses Versprechen müssen wir einlösen“, fordert Merz.
Merz: „Wir sagen: Mensch, Du kannst das.”
Die CDU setzt für die Gestaltung der Zukunft auf das christliche Menschenbild, so Merz: Positiv, freundlich, zugewandt, zuversichtlich. „Wir sagen: Mensch, Du kannst das. Und auf dieser Basis laden wir alle ein, mitzuarbeiten. Wir machen ein Angebot an die ganze Breite der Bevölkerung, mit uns unser Land zu gestalten.“
„Wir glauben an den Menschen und seine Fähigkeiten.“ Friedrich Merz
Dagegen stehe ein negatives Welt- und Menschenbild der Scholz-Regierung. „Die Antwort von SPD und Grünen lautet – leicht verkürzt: Mensch, Du darfst das nicht! Du sollst das nicht! Mensch, Du musst anders sein!“ Wir sollen alle ganz anders sein und uns nach dem rot-grünen Verständnis formen lassen. Merz widerspricht energisch: „Da sind wir ganz anderer Auffassung als SPD und Grüne!“
Wovon wollen wir in Zukunft leben?
„Wir müssen uns viel intensiver als bisher Gedanken machen, was es braucht“, setzt Merz einen klaren Kontrapunkt gegen die Scholz-Regierung. „Wir geben der jungen Generation nicht vor, wie sie leben soll. Wir machen uns aber Gedanken darüber, wovon sie leben soll.“ Die Antwort darauf entscheidet mit, wie wir künftig leben werden.
„Wir müssen auf der Basis unserer Grundüberzeugungen neue Antworten auf die Herausforderungen für die Zukunft geben.“ Friedrich Merz
„De-Industrialisierung ist keine Antwort, die wir als Christdemokraten für unsere Gesellschaft akzeptieren“, bekennt Merz. Die Aufgaben dafür sind umfassend, fasst er zusammen. Die demografische Entwicklung fordert neues Denken. Digitalisierung, Bürokratie, Steuern und Abgaben, Infrastruktur, Energiepreise – all das muss angegangen werden, will man einen global wettbewerbsfähigen Mittelstand und Industrie in Deutschland halten.
Serap Güler: Den Prozess gemeinsam gehen.
„Heute geht es um Sie. Es geht um Ihre Fragen, um ihre Anregungen, um Ihre Vorschläge.“ Serap Güler leitet die Publikums-Debatte in Münster ein. Sie weist dazu auf den bisherigen Verlauf hin: Letztes Jahr im Februar hat der Prozess begonnen. 10 Fachkommissionen behandeln unterschiedliche Themenbereiche. 60 Sitzungen der Fachkommissionen haben stattgefunden. 60 Informationsveranstaltungen für Fachleute der Basis gab es. 3.800 CDU-Mitglieder mit besonderer Expertise hatten sich zur Mitarbeit gemeldet und werden dazu eingeladen. „Wir möchten, gemeinsam mit Ihnen, diesen Prozess weitergehen.“
Serap Güler leitet in Münster in die Debatte mit den anwesenden CDU-Mitgliedern über. (Foto: Tobias Koch)
„Natürlich gibt es unterschiedliche Meinungen in der CDU. Was es nicht geben soll, sind unterschiedliche Grundwerte.“ Serap Güler
Was macht uns aus? Was macht uns besonders? Was unterscheide uns? Was sind unsere politischen Leitplanken?“ Das Wertefundament der CDU soll Antworten geben – auf tagesaktuelle Fragen genauso, wie auf die Zukunftsfragen. Nicht nur für ein paar Jahre, sondern für die nächsten zehn oder 15 Jahre. Wie man die notwendigen Kompromisse findet? Güler macht das am Beispiel deutlich: Mit Carsten Linnemann und Mario Voigt leitet sie die Programmkommission. Drei unterschiedliche Typen, drei unterschiedliche Meinungen, aber ein gemeinsames Ziel: Ein neues Grundsatzprogramm, das trägt.
Miteinander reden – als Team auftreten
„Wenn wir nicht als Team auftreten, haben wir keine Chance“, stellt auch Carsten Linnemann fest. „Wir in der CDU sind nach der Bundestagswahl wieder zu einem Team zusammengewachsen. Und in diesem Team sind wir erfolgreich.“ Die CDU hat sich auf den Weg gemacht. In Münster diskutiert er mit Ina Scharrenbach, Karl-Josef Laumann und Thomas Jarzombek. Zwei Fragen aus Pforzheim hat Carsten Linnemann dazu auch in Münster wieder zum Ausgangspunkt der Debatte mit den CDUlern gemacht.
„Die CDU ist noch nicht am Ziel. Wir brauchen wieder eine Erkennungsmelodie. Wir brauchen wieder Punkte.“ Carsten Linnemann
Welche Werte und Grundsätze sind mit dem ‚C‘ im Namen der CDU verbunden? Es tauchen die Begriffe „Zusammenhalt“, „Menschenwürde“ und „Familie“ auf. „Als Frage des Respekts“, bezeichnet Thomas Jarzombek die Aufgabe Zusammenhalt. Einander akzeptieren, streiten und versöhnen, das bedeutet das Wort Respekt. Christliche Werte stehen für Familie und Zusammenhalt, sagt eine Teilnehmerin. „Das Verbindende stärken“, will Ina Scharrenbach und sagt: „Christliche Werte stehen für Menschenwerte.“
„Ich will, dass unser Grundsatzprogramm auch ein christlich-soziales Programm wird.“ Karl-Josef Laumann.
Was sind die größten Herausforderungen, vor denen Deutschland steht? Auf die zweite Frage kommen die Begriffe „Klimawandel“, „demografischer Wandel“ und „Groko“. Der demografische Wandel betrifft alle: Fachkräfte, Rente, Pflege, Gesundheit. Dem muss die CDU sich stellen. Doch eine Absenkung des Rentenniveaus erhöht das Armutsniveau, sagt dazu Karl-Josef Laumann. Er arbeitet an einer Strategie, die trägt. Beim Thema Klimapolitik fehlt es völlig an Strategie der Scholz-Regierung, sagt Ina Scharrenbach. Die Themen werden gegeneinander ausgespielt, statt Lösungen zu suchen.
Die mehr als 1000 CDU-Mitglieder applaudieren CDU-Chef Friedrich Merz nach seiner überzeugenden Rede in Müster. (Foto: Tobias Koch)
Der Mitgliedermärz: Machen Sie mit!
Die Regionalkonferenz in Münster ist nach Pforzheim die zweite. Zwei weitere stehen an. Sie sind Teil eines ganzen Aktionsmonats, in dem die CDU mit ihren Mitgliedern und mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern das Gespräch, den Austausch sucht. Die digitale Mitgliederumfrage und die #Merzchallenge sind weitere.
Digitale Mitgliederumfrage
Die CDU-Mitglieder erhalten am 15. März per Mail einen Link zur digitalen Mitgliederumfrage. Wir fragen sie unter anderem: Um welche Themen muss sich die CDU stärker kümmern? Welche politischen Schwerpunkte sollen wir legen? Was ist #grundsätzlichCDU?
#Merzchallenge
Der #Mitgliedermärz hat begonnen. Und alle in der CDU fragen sich: wer gewinnt die #Merzchallenge? Die Aufgabe: so viele Neumitglieder wie möglich für die CDU zu begeistern. Der Kreisverband, der im März die meisten Neumitglieder gewinnen kann, gewinnt selbst – und zwar einen Besuch vom Chef: Friedrich Merz kommt bei einer Ihrer nächsten Veranstaltungen persönlich zum Dank vorbei.