Christ­de­mo­kra­ti­schen Klimapolitik

Wie lässt sich Kli­ma­neu­tra­li­tät bis 2045 errei­chen? Und wie schaf­fen wir das mit­ein­an­der statt gegen­ein­an­der? Andre­as Jung und Tho­mas Geb­hart geben Ant­wor­ten auf die Fra­ge nach dem bes­ten Weg zu einer kli­ma­neu­tra­len Ener­gie­ver­sor­gung. In 14 Punk­ten haben sie eine „Stra­te­gie der vier Säu­len“ vor­ge­stellt. Die­se umfasst Effi­zi­enz, Erneu­er­ba­re Ener­gien, Was­ser­stoff und CO2-Abscheidung.

Mit dem C zur Klimaneutralität

14 Punk­te einer christ­de­mo­kra­ti­schen Klimapolitik
von Andre­as Jung MdB und Dr. Tho­mas Geb­hart MdB 

1) Pflicht und Herzensanliegen

Der Kli­ma­schutz und der Erhalt unse­rer natür­li­chen Lebens­grund­la­gen sind für uns Christ­de­mo­kra­ten wegen unse­rer Wer­te­ori­en­tie­rung ethi­sche Pflicht und Her­zens­an­lie­gen. Nach unse­rem Selbst­ver­ständ­nis als christ­de­mo­kra­ti­sche Uni­on müs­sen wir alles tun, um unse­ren Kin­dern die Welt ein Stück bes­ser zu hin­ter­las­sen als wir sie vor­ge­fun­den haben. Unbe­ding­te Vor­aus­set­zung dafür ist die Bewah­rung von Umwelt und Natur.

2) Die Ver­ant­wor­tung Deutschlands

Die Erd­er­wär­mung ist eine glo­ba­le Bedro­hung. Die Welt­ge­mein­schaft kann ihr nur gemein­sam begeg­nen. Als Indus­trie­land hat Deutsch­land eine gro­ße Ver­ant­wor­tung. Unser Bei­trag zum Pari­ser Abkom­men ist Kli­ma­neu­tra­li­tät 2045. 

3) Kli­ma schüt­zen, Wohl­stand sichern

Der Bei­trag darf nicht durch eine Deindus­tria­li­sie­rung Deutsch­lands erfol­gen – die­ser Weg wür­de in Deutsch­land zu Ver­wer­fun­gen füh­ren, kei­ne Nach­ah­mer fin­den und der glo­ba­le Kli­ma­schutz wür­de dadurch beschä­digt. Der Bei­trag besteht viel­mehr dar­in, dass wir zei­gen: Wohl­stand und star­ke Wirt­schaft einer­seits sowie Kli­ma­schutz ande­rer­seits kön­nen in Ein­klang gebracht wer­den. Es gilt, ent­lang der Grund­sät­ze der sozia­len und öko­lo­gi­schen Markt­wirt­schaft Lud­wig Erhards „Wohl­stand für Alle“ mit dem Weg zur Kli­ma­neu­tra­li­tät zusammenzubringen. 

4) Inno­va­tio­nen statt Verbote

Der Schlüs­sel dazu liegt in tech­no­lo­gi­schen Inno­va­tio­nen. Sowohl vor dem Hin­ter­grund der aktu­el­len Ener­gie­kri­se als auch ange­sichts der glo­ba­len Kli­ma­kri­se ist es Gebot der Stun­de, zusam­men mit Wis­sen­schaft und Wirt­schaft einen natio­na­len, noch bes­ser einen euro­päi­schen Pakt für tech­no­lo­gi­sche Inno­va­tio­nen für den Kli­ma­schutz zu schlie­ßen. For­schung und Ent­wick­lung sind zu stär­ken. Die For­schung und Ent­wick­lung für Kli­ma­in­no­va­tio­nen muss inten­si­viert und mit Offen­heit für alle Tech­no­lo­gien vor­an­ge­trie­ben wer­den – das gilt etwa auch für die Kern­fu­si­on und für die Kern­ener­gie der nächs­ten Generation.

5) Gesamt­kon­zept statt Einzelmaßnahmen

Unse­re Stra­te­gie für die Ener­gie­ver­sor­gung der Zukunft beruht auf den Säu­len Effi­zi­enz, Erneu­er­ba­re, Was­ser­stoff und CO2-Abschei­dung. Mit einem kon­sis­ten­ten Gesamt­kon­zept muss damit der Weg zur Kli­ma­neu­tra­li­tät beschleu­nigt werden.

6) Ener­gie effi­zi­en­ter nutzen

Effi­zi­enz hat eine Schlüs­sel­rol­le für Kli­ma­schutz und Ener­gie­si­cher­heit. Des­halb muss das Ener­gie­ef­fi­zi­enz­ge­setz zügig beschlos­sen wer­den. Dafür braucht es ver­läss­li­che Rah­men­be­din­gun­gen, mit ehr­gei­zi­gen Stan­dards und bes­se­rer För­de­rung. Eine steu­er­li­che Super­ab­schrei­bung für Kli­ma­in­ves­ti­tio­nen muss unmit­tel­bar umge­setzt wer­den. Im Gebäu­de­be­reich brau­chen wir Pla­nungs­si­cher­heit, För­der­pro­gram­me sowie bes­se­re steu­er­li­che Abzugs­fä­hig­keit für ener­ge­ti­sche Sanierungsmaßnahmen.

7) ALLE erneu­er­ba­ren Ener­gien nutzen

Alle ver­füg­ba­ren For­men erneu­er­ba­rer Ener­gien müs­sen beschleu­nigt aus­ge­baut wer­den: Neben dem Aus­bau von Wind und Son­ne müs­sen auch die Poten­zia­le von Bio­en­er­gie, Geo­ther­mie und Was­ser­kraft aus­ge­schöpft wer­den – sowohl für die Strom­erzeu­gung als auch für die Bereit­stel­lung von Wär­me. Spei­cher und Net­ze müs­sen kon­se­quent vor­an­ge­bracht wer­den. Die wach­sen­de Anzahl an Elek­tro­au­tos muss hier­für genutzt wer­den: Bidi­rek­tio­na­les Laden ist jetzt flä­chen­de­ckend auf den Weg zu brin­gen. Intel­li­gen­te Strom­net­ze und Ener­gie­ma­nage­ment­sys­te­me leis­ten einen wei­te­ren Bei­trag, um die Ver­füg­bar­keit des Stro­mes best­mög­lich in Ein­klang mit den Bedürf­nis­sen von Haus­hal­ten und Indus­trie zu bringen. 

8) Deutsch­land zum Was­ser­stoff-Land Nr. 1 machen

Mit der Was­ser­stoff­stra­te­gie wur­den in den letz­ten Jah­ren Wei­chen gestellt, um Kli­ma­neu­tra­li­tät und Indus­trie zusam­men­zu­brin­gen. Nach dem Weg­fall des rus­si­schen Gases muss sie jetzt an die neu­en Her­aus­for­de­run­gen ange­passt und kraft­voll beschleu­nigt wer­den: Deutsch­land soll Was­ser­stoff-Land Nr. 1 wer­den. Dabei set­zen wir auf inter­na­tio­na­le Part­ner­schaf­ten und siche­re Rah­men­be­din­gun­gen für Inves­ti­tio­nen. Grü­ner Was­ser­stoff bleibt mit einem nun wei­ter auf­wach­sen­den Anteil hin zur Voll­ver­sor­gung das Ziel. Ent­schei­dend ist jetzt aber ein schnel­ler Hoch­lauf. Die­ser wird mög­lich mit der Nut­zung von blau­em Was­ser­stoff und mit Offen­heit für ande­re Far­ben, die kli­ma­neu­tra­len Was­ser­stoff garan­tie­ren. Ein flä­chen­de­cken­des Was­ser­stoff­netz muss schnel­ler in Deutsch­land auf­ge­baut wer­den. Dazu muss auch das bestehen­de Gas­netz genutzt und ent­spre­chend ertüch­tigt wer­den. Die jüngst beschlos­se­ne gesetz­li­che Ver­schie­bung der Was­ser­stoff­netz­ent­wick­lungs­pla­nung um ein Jahr muss zurück­ge­nom­men wer­den. Sie muss unver­züg­lich vor­ge­nom­men werden. 

9) CO2 abschei­den und einlagern

Die beschleu­nig­te Reduk­ti­on von CO2-Emis­sio­nen muss dadurch ergänzt wer­den, zu ver­mei­den, soll­ten dadurch ergänzt wer­den, CO2 abzu­schei­den, ein­zu­la­gern und als Roh­stoff für neue Pro­duk­te und Anwen­dun­gen zu nut­zen. Die Vor­aus­set­zung für eine CO2-Kreis­lauf­wirt­schaft muss geschaf­fen wer­den. Die Bun­des­re­gie­rung muss den Rechts­rah­men für Nut­zung und Ein­la­ge­rung von CO2 schaffen. 

10) Kern­kraft befris­tet wei­ter nutzen

In der Kri­se schal­tet die Ampel die drei ver­blie­be­nen Kern­kraft­wer­ke ab, lässt damit CO2-freie Poten­zia­le links lie­gen und ist ein­sei­tig koh­le­las­tig. Zudem ver­stößt die Bun­des­re­gie­rung aktu­ell gegen das Kli­ma­schutz­ge­setz, da sie der gesetz­li­chen Pflicht für ein Sofort­pro­gramm nicht nach­kommt. Um die gesetz­li­chen Anfor­de­run­gen zu erfül­len, muss der Streit unver­züg­lich been­det und ein Kli­ma­schutz­pro­gramm mit zur Errei­chung der Zie­le glaub­wür­di­gen Zusatz­maß­nah­men beschlos­sen werden. 

11) Ener­gie­spa­ren belohnen

Beim Ver­kehr muss Kli­ma­schutz zum Maß­stab der Besteue­rung wer­den. Kfz- und Dienst­wa­gen­steu­er für Neu­wa­gen müs­sen des­halb kon­se­quent auf CO2 aus­ge­rich­tet wer­den. Es muss gel­ten: CO2 run­ter, Steu­ern run­ter – und wer viel aus­stößt, zahlt mehr! So kann mit einem emis­si­ons­frei­en Fahr­zeug jeder sei­ne Kfz-Steu­er tech­no­lo­gie­of­fen abschaf­fen. Auf dem Weg zur Kli­ma­neu­tra­li­tät bleibt die Kfz-Steu­er so ganz auf der Stre­cke. Statt einer star­ren 1-%-Regelung für die pri­va­te Nut­zung müs­sen Dienst­wa­gen mit einem sehr nied­ri­gen CO2-Aus­stoß unab­hän­gig von der Antriebs­tech­no­lo­gie weni­ger und mit einem sehr hohen CO2-Aus­stoß mehr bezah­len. CO2-neu­tra­le Kraft­stof­fe wie E‑Fuels und Bio­kraft­stof­fe müs­sen genau­so wie Lade­strom steu­er­frei gestellt werden. 

12) Bahn- und Bus­an­ge­bo­te ausbauen

Zudem muss ein ambi­tio­nier­tes Paket zur Stär­kung der Schie­ne mit Pla­nungs­be­schleu­ni­gung, Zusatz­in­ves­ti­tio­nen, voll­stän­di­ger Elek­tri­fi­zie­rung und umfas­sen­der Digi­ta­li­sie­rung auf den Weg gebracht wer­den. Alle wich­ti­gen Tras­sen müs­sen nach dem Vor­bild der Ver­kehrs­pro­jek­te Deut­sche Ein­heit mit Pla­nungs­ge­set­zen beschleu­nigt umge­setzt wer­den. Für einen attrak­ti­ven Nah‑, Fern- und Güter­ver­kehr muss mehr in die Schie­ne inves­tiert wer­den – auch in grenz­über­schrei­ten­de euro­päi­sche Ver­bin­dun­gen. Mit Hoch­druck und zusätz­li­chen Mit­teln muss die voll­stän­di­ge Elek­tri­fi­zie­rung der Schie­ne vor­an­ge­bracht wer­den. Die Regionali¬sierungs¬¬mittel zur Stär­kung des ÖPNV müs­sen über das vor­ge­se­he­ne Maß hin­aus signi­fi­kant erhöht wer­den. Zur Stei­ge­rung von Kapa­zi­tät und Pünkt­lich­keit der Schie­ne muss die Digi­ta­li­sie­rung der Infra­struk­tur durch die digi­ta­le euro­päi­sche Signal­tech­nik ETCS flä­chen­de­ckend umge­setzt wer­den. Beglei­tend hier­zu muss der Bund für die bau­rei­hen- und fahr­zeug­hal­ter­über­grei­fen­de Aus­rüs­tung der Züge mit digi­ta­ler Tech­nik sor­gen und hier­zu auch eine ange­mes­se­ne För­de­rung sicherstellen.

13) Emis­si­ons­han­del als Regu­la­tiv nutzen

Das Zwei­jah­res­gut­ach­ten des Exper­ten­rats für Kli­ma­fra­gen zeugt ein­drucks­voll: Mit dem Emis­si­ons­han­del wer­den Kli­ma­zie­le ver­läss­lich und ziel­ge­nau erreicht. Des­halb set­zen wir für einen effi­zi­en­ten Weg zur Kli­ma­neu­tra­li­tät wei­ter auf einen brei­ten Ansatz aus För­de­rung und Ord­nungs­recht, Steu­er­an­rei­zen und Emis­si­ons­han­del – aber ganz beson­ders auf die Stär­kung die­ses markt­wirt­schaft­li­chen Instru­ments. Wir wol­len ihn inter­na­tio­nal vor­an­brin­gen und in der EU durch schritt­wei­se Ein­be­zie­hung aller Sek­to­ren als zen­tra­les Kli­ma­in­stru­ment stär­ken. Nach dem Durch­bruch für einen EU-Emis­si­ons­han­del für Ver­kehr und Wär­me ab 2027 muss die Bun­des­re­gie­rung jetzt zeit­nah ein Kon­zept vor­le­gen, um den bestehen­den deut­schen Brenn­stoff­emis­si­ons­han­del für die­se Berei­che mit dem euro­päi­schen Sys­tem ein­heit­lich zusam­men zu füh­ren. Sie muss damit die für Inves­ti­tio­nen not­wen­di­ge Pla­nungs­si­cher­heit schaf­fen und die­ses effi­zi­en­te Kli­ma­in­stru­ment stär­ken – statt wei­te­re Stu­fen auszusetzen. 

14) Kli­ma­ver­än­de­run­gen begegnen

Gleich­zei­tig muss den bereits jetzt deut­lich sicht­ba­ren Fol­gen der kli­ma­ti­schen Ver­än­de­run­gen mit einer Resi­li­en­z­stra­te­gie begeg­net wer­den – mit Wie­der­auf­fors­tung von Schad­flä­chen, Rena­tu­rie­rung von Moo­ren sowie Maß­nah­men zur Ent­sie­ge­lung und Begrünung.

Einen Namens­bei­trag von Andre­as Jung im Focus zu die­sem The­ma mit Blick auf Hei­zungs-Vor­schrif­ten der Grü­nen lesen Sie hier.

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