Das Gesell­schafts­jahr der CDU

Es geht nicht nur um Bett­pfan­nen. Rund 20 000 zumeist jun­ge Frau­en und Män­ner in Deutsch­land leis­ten einen frei­wil­li­gen Dienst für ande­re, für unse­re Gesell­schaft. Jedes Jahr. Wer davon hört, denkt zumeist an Alten­hei­me oder Kran­ken­häu­ser, viel­leicht noch an Jugend­hil­fe. Doch es ist weit mehr als nur das: Das FSJ – das Frei­wil­li­ge Sozia­le Jahr – sucht Unter­stüt­zer für Muse­en, Thea­ter oder Denk­mal­pfle­ge genau­so, wie Trai­ner im Sport­ver­ein oder Unter­stüt­zer in Kitas oder Kirchen. 

Jun­ge Men­schen für die Gemein­schaft begeistern

Ein Dienst an der Gemein­schaft – das sind die Frei­wil­li­gen­diens­te in Deutsch­land. Vie­le jun­ge Men­schen enga­gie­ren sich nach der Schul­zeit im Ehren­amt. Noch vie­le mehr wür­den es ger­ne tun. Die CDU hat dazu auf dem CDU-Par­tei­tag in Han­no­ver 2022 für die Ein­füh­rung eines Gesell­schafts­jah­res gestimmt. Auf die­ser Basis führt die CDU der­zeit Gesprä­che und Ver­hand­lun­gen. Doch, was will die CDU errei­chen? Was bedeu­tet der Par­tei­tags­be­schluss? Und wie kann er umge­setzt wer­den? Eine aktu­el­le Online-Debat­te mit CDU-Mit­glie­dern und Gäs­ten war „Zwi­schen­takt“ einer brei­ten Debatte.

„Es gibt eine gro­ße Kluft zwi­schen denen, die das Frei­wil­li­ge Sozia­le Jahr wahr­neh­men wol­len, und denen, die es wahr­neh­men“, stellt CDU-Gene­ral­se­kre­tär Mario Cza­ja als Gast­ge­ber beim CDU Live fest. Nur 12 Pro­zent der Jugend­li­chen eines Jahr­gangs nut­zen das Frei­wil­li­ge Sozia­le Jahr. Und: 90 Pro­zent von denen sind Abitu­ri­en­tin­nen oder Abitu­ri­en­ten. Ein Gesell­schafts­jahr für alle kann das ändern, sagt Czaja.

Cza­ja betont: Als CDU wol­len wir, dass es ein sehr brei­tes und viel­fäl­ti­ges Ange­bot gibt. Wir wol­len die vie­len Mög­lich­kei­ten der heu­ti­gen Frei­wil­li­gen­diens­te wei­ter aus­bau­en. Ob im sozia­len, sport­li­chen, kul­tu­rel­len, mili­tä­ri­schen oder öko­lo­gi­schen Bereich – das Gesell­schafts­jahr soll attrak­tiv sein für ganz vie­le und zu den eige­nen Inter­es­sen passen. 

Für das Gemeinwohl …

„Ich glau­be, es tut jedem ein­fach nur gut, wenn er sich für die Gesell­schaft ein­setzt – und wenn er aus der Schu­le her­aus­kommt, ein­fach etwas ande­res noch macht, etwas ande­res sieht“, meint auch Anna Köh­ler. Sie ist stell­ver­tre­ten­de Vor­sit­zen­de der Jun­gen Uni­on, der CDU-Jugend­or­ga­ni­sa­ti­on, und auch sonst viel­fäl­tig aktiv. Sie for­dert zum Ehren­amt auf, meint: „Wir müs­sen viel stär­ker dafür wer­ben.“ Denn es gehört ein­fach dazu, „wenn man auch mal etwas zurück­ge­ben kann“. Man müs­se ver­deut­li­chen, wie alle davon pro­fi­tie­ren können.

„Wenn man den Begriff ‚Gemein­wohl‘ drü­ber stellt – und nicht ‚Sozi­al‘ – dann haben wir ganz vie­le Mög­lich­kei­ten, um jun­gen Leu­ten rich­tig Lust dar­auf zu machen, die­ses Jahr nach ihren eige­nen Inter­es­sen zu gestal­ten“, ist sich Köh­ler sicher – auch aus eige­ner Erfah­rung. „Wir müs­sen weg­kom­men von dem Gedan­ken, es ist ein ver­pflich­ten­des Arbeits­jahr, zum Bei­spiel im Krankenhaus.“

… in der Pflicht

Die JU-Vize bekennt sich auch zu einer Ver­pflich­tung: Das Gesell­schafts­jahr als ein Muss für alle. „Wir ler­nen in der Schu­le ver­pflich­tend Lesen und Schrei­ben“, sagt sie und ist über­zeugt: Man kann genau­so sozia­les Mit­ein­an­der und sozia­le Bil­dung zu einer Lern­pflicht machen. 

Die­sen Ansatz unter­stützt Joe Chia­lo. Der Ber­li­ner Musik­ma­na­ger ist auch in der CDU aktiv. Er erlebt täg­lich, wozu feh­len­des Mit­ein­an­der führt: „Nie­mand wird bestrei­ten, dass Lesen, Schrei­ben und Rech­nen Ler­nen wich­tig ist. Genau­so wich­tig ist für unse­re Gesell­schaft die sozia­le Bil­dung. Und die Fol­gen, wenn die­se sozia­le Bil­dung nicht da ist, die erle­ben wir doch jeden Tag: in den digi­ta­len Räu­men, wo wir Men­schen nicht mehr zusammenkommen.“

Joe Chia­lo: „Ein unfass­bar span­nen­des Angebot“

Wir wol­len eine star­ke Gesell­schaft, stellt Chia­lo fest. Dazu gehört auch, dass die Jugend­li­chen Frei­heit und Ver­ant­wor­tung ken­nen­ler­nen. „Resi­li­enz kommt nur, wenn man sich behaup­ten muss und aus sei­ner Kom­fort­zo­ne herauskommt.“

„Die Gesell­schaft, das sind nicht nur die Men­schen – das ist die Ver­bin­dung der Men­schen“, macht Chia­lo deut­lich. Er sagt: „Wir stel­len heu­te fest, dass wir zu vie­le Silos haben. Wir müs­sen anfan­gen, die­se Silos zusam­men­zu­füh­ren.“ Gera­de jun­ge Men­schen müs­sen auch „in ande­re sozia­le Milieus hin­ein­fin­den. Wir müs­sen das Ziel­bild von unse­rer Gesell­schaft neu und attrak­tiv for­mu­lie­ren.“ Der­zeit leben wohl­be­hü­te­te und begü­ter­te Jugend­li­che oft in einer ganz ande­ren Welt als die­je­ni­gen mit weni­ger Nest­wär­me oder weni­ger Geld.

Ein star­ker Zusam­men­halt für ein star­ke Gesellschaft

Hans-Peter Pohl, Lan­des­vor­sit­zen­der der Senio­ren Uni­on Bran­den­burg, unter­stützt die­sen Ansatz. „Es ist sehr, sehr wich­tig, dass jun­gen Men­schen nach der Schu­le völ­lig neue Lebens­er­fah­run­gen und neue Ein­bli­cke bekom­men“, sagt er. Pohl denkt über per­sön­li­che Erfah­run­gen hin­aus: Ein ver­pflich­ten­des Gesell­schafts­jahr kann hel­fen, die Spal­tung der Gesell­schaft zu über­brü­cken. „Man gewinnt neu­es Ver­ständ­nis für­ein­an­der und lernt von­ein­an­der“, hat er selbst erfah­ren. Rück­bli­ckend auf sei­ne Jugend­zeit stellt er auch fest: Ob Bun­des­wehr oder Ersatz­dienst – fast nie­mand hat es frei­wil­lig und gern getan, aber fast alle haben davon pro­fi­tiert und erzäh­len von die­ser Zeit bis heute.

Pflicht oder Kür?

Die CDU will die Ein­füh­rung des Gesell­schafts­jah­res mit einer Ver­pflich­tung ver­knüp­fen. So hat sie es beschlos­sen. Doch die Debat­te ist noch nicht zu Ende – und wird auch in der CDU wei­ter geführt. Denn allen ist bewusst: Eine Ver­pflich­tung ist und bleibt ein Ein­griff in die per­sön­li­che Frei­heit, und die braucht einen guten Grund. Die finan­zi­el­le Aus­stat­tung muss allen ein unab­hän­gi­ges Leben mög­lich machen, auch Kin­dern aus ärme­ren Fami­li­en – zum Bei­spiel durch kos­ten­lo­sen ÖPNV, Wohn­kos­ten­zu­schüs­se oder einer ver­nünf­ti­gen Vergütung. 

Vor allem aber braucht es Mehr­hei­ten im Bun­des­tag, für eine Grund­ge­setz­än­de­rung sogar eine Zwei­drit­tel-Mehr­heit. Dafür will die CDU jetzt werben.

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