Häus­li­che Pfle­ge – 24 Stun­den zu Hause

Veröffentlicht am 30. März 2023

CDU-Werk­statt­ge­spräch

Vie­le Pfle­ge­be­dürf­ti­ge wol­len mög­lichst lan­ge in den eige­nen Wän­den leben. Doch ein Pfle­ge­tag ist eng getak­tet: Früh die ers­ten Tablet­ten geben. Danach Toi­let­te, Waschen, Essen, ggf. Behand­lung oder Pfle­ge. Mit­tags wie­der Tablet­ten, Essen. Abends erneut. Für vie­le Ange­hö­ri­ge ist das auf­grund des Berufs, der Fami­li­en­si­tua­ti­on oder der geo­gra­fi­schen Ent­fer­nung zur Fami­lie nicht allei­ne zu leis­ten. Sie grei­fen auf Hil­fen zurück. Geschätzt zwi­schen 300.000 und 400.000 Fami­li­en nut­zen die Unter­stüt­zung von Betreu­ungs­kräf­ten. Vie­le von ihnen füh­len sich aber allei­ne gelas­sen, wenn es um die rechts­si­che­re Grund­la­ge für die­se Betreu­ungs­form geht. 

Debat­te vor Ort und zuge­schal­tet online: CDU-Gene­ral­se­kre­tär Mario Cza­ja im Gespräch mit Julia­ne Bohl, Jes­si­ca Hel­ler und Esther van Beb­ber. (Foto: CDU)

Wie kann häus­li­che Pfle­ge auch künf­tig umfas­sen­de Betreu­ung anbieten?

„Was funk­tio­niert im Bereich der soge­nann­ten 24-Stun­den-Betreu­ung von Ange­hö­ri­gen gut und was funk­tio­niert noch nicht gut?“ CDU-Gene­ral­se­kre­tär Mario Cza­ja lei­tet die Debat­te zu die­sem The­ma an die­sem Abend. Er fragt: „Wie kann häus­li­che Pfle­ge so orga­ni­siert wer­den, dass sie nicht auf Kos­ten der Frau­en in den Fami­li­en oder der Lebens- und Arbeits­si­tua­ti­on von vor­wie­gend migran­ti­schen Hilfs- und Pfle­ge­kräf­ten geht? Wel­che gesetz­li­chen und gesell­schaft­li­chen Hebel müs­sen in Bewe­gung gesetzt wer­den? An wel­chen Schnitt­stel­len hakt es und wel­che Ent­schei­dun­gen muss die Poli­tik treffen?“ 

„Es ist uns als CDU ein Anlie­gen, nicht nur die sta­tio­nä­re Pfle­ge zu stär­ken, son­dern auch die Pfle­ge zu Hau­se.“ Mario Czaja 

Die CDU dis­ku­tiert dar­über in einem „Werk­statt­ge­spräch“. Die Dis­kus­si­on spie­gelt wider, was der Name ankün­digt: Hier wird an der Sache gear­bei­tet. Hier wer­den Lösun­gen gesucht. Und hier wird die Debat­te online und vor Ort ver­zahnt. 30 Leu­te sind vor Ort im Kon­rad-Ade­nau­er-Haus. Mehr als 200 wei­te­re sind online dabei – und dis­ku­tie­ren eif­rig: mit den Gäs­ten im CDU.TV-Studio und par­al­lel im Live-Chat. 

Unter­stüt­zung für Familien

„Die Situa­ti­on ist, wie sie ist. Wir haben den Anspruch, dar­aus das Bes­te zu machen“, sagt Esther van Beb­ber. Die Diö­ze­san-Cari­tas­di­rek­to­rin im Erz­bis­tum Pader­born hat­te schon vor ihrer Tätig­keit in der ambu­lan­ten (Familien-)Pflege mit­ge­ar­bei­tet und kann daher auch aus die­ser Per­spek­ti­ve Erfah­run­gen ein­brin­gen. Sie sagt: „Es bewegt sich nichts, obwohl die Pro­ble­me in der so genann­ten 24-Stun­den-Pfle­ge nicht nur in der Fach­öf­fent­lich­keit seit Jah­ren bekannt sind.“ 

„Es muss mehr im Gro­ßen und Gan­zen gedacht wer­den. Dann kann man auch über Syn­er­gien reden.“ Esther van Bebber 

„Es sind die Fami­li­en, die 24 Stun­den am Tag pfle­gen“, sagt Julia­ne Bohl. Sie wur­de sei­ner­zeit als Sach­ver­stän­di­ge in die (mitt­ler­wei­le been­de­te) „Kon­zer­tier­te Akti­on Pfle­ge“ beru­fen. Ihr Ziel sind fest­ge­schrie­be­ne Stan­dards für die 24-Stun­den-Pfle­ge. Es ist ihr eine Her­zens­an­ge­le­gen­heit, die Betreu­ung zu Hau­se mit ambu­lan­ter Fach­pfle­ge zu ver­bin­den und auf recht­lich sau­be­re und qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ge Füße zu stellen. 

Schutz­räu­me festlegen

Fami­li­en orga­ni­sie­ren die gesam­te Pfle­ge, macht sie deut­lich. Dabei sind sie aller­dings oft allein­ge­las­sen. Es gibt Geset­ze – und es gibt einen Grau­be­reich. Eine 24-Stun­den-Pfle­ge durch eine ein­zel­ne Per­son sei de fac­to nicht mög­lich, stellt Bohl klar. Sie wird auch im Arbeits­ge­setz nicht unter­stützt. Seit dem Urteil des Bun­des­ar­beits­ge­richts 2021 ist das Bewusst­sein für Bereit­schafts­zei­ten als Arbeits­zei­ten stär­ker gewor­den, so Bohl. „Pfle­ge muss so orga­ni­siert sein, dass nicht eine Per­son 24/7 zustän­dig ist. Dann ist es auch egal, ob sie ange­stellt oder selb­stän­dig tätig ist.“ 

„Wenn man einer Fami­lie anbie­tet, für 1.500 Euro ‚Pfle­ge all inclu­si­ve‘, dann kann etwas nicht stim­men.“ Julia­ne Bohl 

Schutz brau­chen nicht nur die zu Pfle­gen­den und deren Fami­li­en. Schutz brau­chen auch die Betreu­ungs­kräf­te. Hier ent­ste­hen nicht sel­ten Kon­flik­te. Van Beb­ber wünscht sich gemein­sa­me Anlauf­stel­len: „Eine Betreu­ungs­kraft soll nicht allein und hin­ter ver­schlos­se­nen Türen Über­for­de­rung erdul­den. Des­halb muss min­des­tens ein­mal in der Woche ein Pfle­ge­dienst ein­ge­bun­den werden.“ 

Au-Pair für Alte – die Pfle­ge zum Dumping-Preis

Die meis­ten Betreue­rin­nen kom­men der­zeit aus unse­ren öst­li­chen Nach­bar­staa­ten. Bohl weist auf eins der größ­ten Pro­ble­me damit hin: „Wenn Frau­en aus Ost­eu­ro­pa für 800 Euro im Monat arbei­ten, dann ist das nicht o.k. Da brau­chen wir nicht drü­ber zu reden.“ Sie sieht, dass hier aus einer Druck­si­tua­ti­on her­aus Tole­ranz ent­steht: „Die ambu­lan­te Pfle­ge ist am Limit.“ Die Pfle­ge­rin­nen und Pfle­ger sind froh, wenn sie Unter­stüt­zung bekom­men. Doch wer kon­trol­liert die Qua­li­tät der Pfle­ge und das Ein­hal­ten der Regeln? 

Esther van Beb­ber ver­tritt als Diö­ze­san-Cari­tas­di­rek­to­rin im Erz­bis­tum Pader­born ein ‚Arbeit­ge­ber-Modell‘: Die Fami­li­en stel­len die Pfle­ge­per­so­nen an. „Die Regeln sind damit klar für alle“, sagt sie. Dazu zäh­len Bezah­lung und Absi­che­rung. Dazu zählt auch eine fes­te Arbeits­zeit-Rege­lung: „Voll­zeit mit einer 38,5‑Stunden-Woche, mit einer kla­ren Bereit­schafts­zeit. So ist klar, wann Frei­zeit ist, wann Arbeit geleis­tet wird.“ 

Einen kla­ren Rah­men festlegen

Mehr recht­li­che Rah­men­be­din­gun­gen, das unter­stützt auch Jes­si­ca Hel­ler. Die Kran­ken­schwes­ter ist gleich­zei­tig Stadt­rä­tin in Leip­zig und aktiv in der Arbeits­grup­pe Gesund­heit und Pfle­ge der CDU-Fach­kom­mis­si­on Sozia­le Siche­rung. Die Her­aus­for­de­run­gen, vor denen pfle­gen­de Ange­hö­ri­ge tag­täg­lich ste­hen, hat sie am eige­nen Leib erfah­ren und sie prä­gen ihren Blick auf unser Gesund­heits­we­sen nach­hal­tig. Sie sagt: „Unse­re Gesell­schaft muss in der Ange­hö­ri­gen­pfle­ge drin­gend neue Wege gehen, um den Pfle­ge­be­dürf­ti­gen und ihren Fami­li­en ein Altern in Wür­de zu ermöglichen.“ 

„Wir brau­chen Klar­heit und Ein­heit­lich­keit, bun­des­weit. Und wir brau­chen einen Plan: Wie sieht Pfle­ge in 10 oder 20 Jah­ren aus?“ Jes­si­ca Heller 

Hel­ler sieht nur so die Chan­ce, auch jun­ge Men­schen wie­der für die Pfle­ge zu begeis­tern. „Wir müs­sen kla­re recht­li­che Rah­men­be­din­gun­gen haben“, sagt sie. „Und wir müs­sen Auf­ga­ben und Kom­pe­ten­zen klar defi­nie­ren.“ Es gibt vie­le Ange­bo­te, die ent­las­ten kön­nen, weiß sie. Es gilt aber: „Wir müs­sen die Bera­tung auf ande­re Füße stel­len.“ Dazu zählt die Bera­tung selbst, aber auch die Orga­ni­sa­ti­on der Beratungsangebote. 

Hel­ler bringt die Anfor­de­run­gen auf den Punkt: Es braucht glei­che Grund­la­gen von Bun­des­land zu Bun­des­land. Das heißt: Bezeich­nun­gen ver­ein­heit­li­chen. Ansprech­part­ner bün­deln. Über­sicht­lich­keit verbessern. 

Was muss getan werden?

Die Pfle­ge zu Hau­se ist ein Zei­chen von Lie­be und Zunei­gung. Sie ent­spricht dem Wunsch der meis­ten Pfleg­be­dürf­ti­gen. Doch sie ver­langt in sehr vie­len Fäl­len sehr gro­ßen Ein­satz der Pfle­gen­den, Ver­zicht vor allem. Und: Ohne die Ange­hö­ri­gen geht es auch nicht. Denn ins­ge­samt benö­ti­gen rund 5 Mil­lio­nen Men­schen in Deutsch­land Hil­fe – von täg­li­cher Medi­ka­men­ten­ga­be bis zur 24-Stun­den-Betreu­ung. Die CDU will hier­für einen pas­sen­den Rah­men schaffen. 

„Wir als CDU wer­den uns wei­ter inten­siv mit den Men­schen beschäf­ti­gen.“ Mario Czaja. 

Doch auch das zählt zur Wahr­heit, so van Beb­ber: „Wenn die Pfle­ge zu Hau­se nicht mehr mög­lich ist, muss man auch ehr­lich sagen: Das Pro­jekt trägt nicht mehr.“ Und dann muss die Per­son in eine sta­tio­nä­re Pfle­ge wechseln. 

Das will die CDU:

Die Uni­on will bis 2025 mit der Bun­des­re­gie­rung ein Haus­be­treu­ungs­ge­setz auf den Weg brin­gen. Es soll fol­gen­de Punk­te umfassen: 

Die arbeits­recht­li­che Pro­ble­ma­tik von Betreu­ungs­kräf­ten muss geklärt wer­den. Das betrifft u.a. die Bezah­lung von Bereitschaftszeiten.
Bes­se­res Inein­an­der­grei­fen: Struk­tu­rel­le und insti­tu­tio­nel­le Bar­rie­ren zwi­schen Haus­be­treu­ungs­kräf­ten und ambu­lan­ten Betreu­ungs­diens­ten wol­len wir beseitigen.
Wir wol­len Hil­fe­stel­lun­gen, ins­be­son­de­re bei der Haus­halts­füh­rung und der Bewäl­ti­gung des All­tags. Dar­über dis­ku­tiert der Bun­des­tag seit Jahren.
Es muss fes­te Anlauf­stel­len für Betreu­ungs­kräf­te aus Ost­eu­ro­pa geben. Die­se sol­len Anlauf­stel­len bei Über­for­de­rung oder Mob­bing im Rah­men der Betreu­ungs­tä­tig­keit sein. 

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